Wenn der Betreuer zweimal klingelt - Erbschleicherei durch den Berufsbetreuer

Erbschleicherei durch den Berufsbetreuer

Es kommt immer wieder vor, dass Menschen im hohen Alter ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können. Haben Sie niemanden mittels Vorsorgevollmacht ernannt, wird Ihnen in diesem Fall ein berufsmäßiger Betreuer vom Betreuungsgericht zur Seite gestellt. Taucht dieser nachträglich im Testament des Erblassers auf, stellt sich die Frage der Sittenwidrigkeit dieser Erbeinsetzung.

Kann ein berufsmäßiger Betreuer als Erbe eingesetzt werden?

Gerade bei alleinstehenden Personen kommt es nicht selten vor, dass der Betreuer als Erbe eingesetzt wird. Dabei muss der Erblasser jedoch testierfähig sein und darf sich beim Aufsetzen des Testaments durch den Betreuer nicht beeinflussen lassen. Sofern niemand den Job übernehmen möchte, wird der Betreuer vom Betreuungsgericht ausgewählt. Allgemein steht fest, dass jeder testierfähige Mensch in seinem Testament selbst seine Erben bestimmen darf. Somit gibt es kein Gesetz, das es Ihnen verwehren könnte, Ihren Betreuer als rechtmäßigen Erben einzusetzen. Der Gesetzgeber greift hier nicht ein, wie es beispielsweise bei einem ähnlichen Verhältnis zwischen dem Erblasser und Pflegepersonal in einem Seniorenheim der Fall wäre.

Wann ist das Testament sittenwidrig?

Damit ein Testament seine Gültigkeit bewahrt, muss der Erblasser zum Zeitpunkt seines Aufsetzens testierfähig gewesen sein. Zum Begriff der Testierfähigkeit gehört unter anderem das Verständnis, welches Ziel mit dem letzten Willen verfolgt wird. Wenn jedoch der Betreuer seine Vertrauensposition missbraucht und den Erblasser in seinem Willen beeinflusst, wird das Testament als unwirksam erklärt. Dies ist jedoch nur schwer zu beweisen.

Auch ich hatte vor drei Jahren einen Nachlass abzuwickeln, in welchem die Erblasserin mit notariellem Testament ihren Berufsbetreuer, welcher Anwalt war, und eine gemeinnützige Organisation zu ihren Erben einsetzte. Der Berufsbetreuer wickelte nahtlos den Nachlass als Miterbe ab. Als mein Auftraggeber, die gemeinnützige Organisation, von dem Erbfall durch das Nachlassgericht erfuhr, begehrte der Berufsbetreuer zum einen bereits Entlastung für seine Tätigkeit als Berufsbetreuer und legte zum anderen einen Teilungsplan vor und forderte die Erfüllung des ihm im Testament zugesprochenen Immobilienvermächtnisses. Der Nachlass bestand aus einem überschaubaren Barvermögen und einem Mietshaus in den alten Bundesländern, welches im Zuge des Immobilienvermächtnisses an den Betreuer und Miterben ging.

Die Berufsbetreuung bestand 8 Monate, bereits nach 3 Monaten „verbrachte“ der Berufsbetreuer die Erblasserin zum Notar, der ihre letztwillige Verfügung aufsetzte. Ein halbes Jahr später verstarb die schwerkranke Erblasserin ohne Angehörige. Es bleibt immer dahingestellt, inwieweit ein Notar an diesem Punkt wirklich geeignet ist, festzustellen, dass jemand testierfähig und letztlich den freien Willen bekundet, wenn der Berufsbetreuer den Notartermin vorbereitet, die Erblasserin persönlich zum Notar fährt und am Notartermin teilnimmt.

Trotz Einsicht in die gerichtliche Betreuungsakte konnten vom Miterben, der gemeinnützigen Organisation, keine gerichtsfesten Tatsachen gegen den Betreuer gefunden werden. Auch wenn der gesamte Nachlassfall ein deutliches „Geschmäckle“ hatte.

Neuerliche Rechtsprechungen bestätigen immer wieder, dass zwar jeder seine Erben frei bestimmen kann. Wenn jedoch die Wahl des Erben fremd und durch Eigeninteresse bestimmt ist, werden (notarielle) Testamente zugunsten eines Berufsbetreuers regelmäßig als sittenwidrig und für nichtig erklärt. So hat auch das Oberlandesgericht Celle in seinem Urteil vom 07.01.2021 (Aktenzeichen: 6 U 22/20).

Gesetzesänderung im Gange

Bisher konnte der Berufsbetreuer zum Erben eingesetzt werden. Ab dem 1. Januar 2023 soll sich dieses Gesetz jedoch ändern. Das Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) sieht einige Neuregelungen vor. Dann soll es Betreuern verwehrt sein, von der betreuten Person Zuwendungen anzunehmen (§ 30 BtOG). Diese Regelung bezieht sich auch auf die Erbeinsetzung: Fortan wird es berufsmäßigen Betreuern nicht mehr erlaubt sein, das Erbe der betreuten Person anzutreten.

Fazit

Aktuell ist es erlaubt, einen berufsmäßigen Betreuer als Erben einzusetzen. Der Erblasser muss testierfähig sein und der Betreuer darf keinen Einfluss auf das Aufsetzen des Testaments genommen haben. Allerdings tritt am 1. Januar 2023 eine neue Regelung in Kraft. Von diesem Zeitpunkt an wird es Betreuern nicht mehr erlaubt sein, als Erben der von ihnen betreuten Person zu fungieren.

Daher meine Empfehlung: Schöpfen Sie Ihre Möglichkeiten aus und bleiben Sie selbstbestimmt. Es ist nie zu früh, über seine eigenen Wünsche zu sprechen. Denn es geht hier um nicht weniger als Ihr Leben, Ihre Wünsche und Ihr Lebenswerk. Lassen Sie uns gern ins Gespräch kommen und gemeinsam einen Blick darauf werfen.