Sittenwidrigkeit im Erbrecht

Rechtsgeschäfte, die gegen die guten Sitten verstoßen, sind nichtig. Das bedeutet, dass sie von Anfang an als nicht gültig angesehen werden. Auch im Bereich der Testamentserstellung kann es zu einer Sittenwidrigkeit kommen. Wird der letzte Wille als sittenwidrig erklärt, hat das Auswirkungen auf die Eigentumsübertragung des Nachlasses bzw. das Erbverhältnis.

In diesen Fällen ist ein Testament sittenwidrig

Testamente sind immer dann sittenwidrig, wenn Inhalte bzw. Verfügungen des letzten Willens nicht mit den guten Sitten oder dem Gesetz vereinbar sind. Für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit ist der Zeitpunkt der Testamentserstellung ausschlaggebend. Eine Sittenwidrigkeit liegt grundsätzlich vor, sofern etwas gegen moralische Aspekte oder das Anstandsgefühl verstößt. Die Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts ist daher oft abhängig vom jeweiligen Einzelfall.

Beispiele für die Sittenwidrigkeit bei der Testamentserstellung
Ausnutzen einer psychischen Beeinträchtigung bzw. Zwangslage

Testamente sind immer dann sittenwidrig, wenn sie unter Ausnutzung einer psychischen Zwangslage bzw. Beeinträchtigung erstellt wurden. Ist der Erblasser zum Beispiel geistig behindert oder leicht manipulierbar und ein Dritter nutzt diese Situation aus, um sich als Erbe einsetzen zu lassen, ist das Testament sittenwidrig und somit nichtig.

Wiederverheiratungsklausel

Oft findet sich in Testamenten eine sogenannte „Wiederverheiratungsklausel“. Diese regelt, was mit dem Nachlass passiert, wenn einer von zwei Ehegatten verstirbt und der überlebende Partner anschließend erneut heiratet. Wiederverheiratungsklauseln sind zwar grundsätzlich erlaubt. Sie werden allerdings nichtig, sofern der länger lebende Ehepartner das gesamte Erbe verliert und ihm auch der Pflichtanteil verwehrt bleiben soll, falls er erneut heiratet.

Besuchspflicht für Angehörige

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat in einem Urteil entschieden, dass auch eine Besuchspflicht, die im Testament festgelegt wird, sittenwidrig und somit nichtig sein kann. Im konkreten Fall hatte der Erblasser verfügt, dass seine Enkel ihn zu Lebzeiten regelmäßig besuchen müssen und von der Erbschaft ausgeschlossen werden, sofern sie das nicht tun. Eine solche Verfügung im Testament ist in der Regel nicht zulässig.

Verstoß gegen gesetzliche Verbote

Testamente sind auch dann sittenwidrig und somit nichtig, wenn sie gegen gesetzliche Verbote verstoßen. Verfügt ein Erblasser beispielsweise, dass ein Erbe eine Straftat begehen muss, um über den Nachlass verfügen zu dürfen, ist eine solche Klausel unwirksam.

Auswirkungen sittenwidriger Testamente auf die Erbfolge

Ist ein Testament in allen Teilen nichtig, greift die gesetzliche Erbfolge. Sind hingegen nur Teile des Nachlasses sittenwidrig und werden angefochten, ändert sich beispielsweise die Aufteilung des Nachlasses (das Erbverhältnis). Der restliche Inhalt des Testamentes bleibt dann jedoch rechtskräftig.

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