BFH kippt 6-Monats-Frist: Erben erhalten mehr Spielraum bei der Erbauseinandersetzung

Der Bundesfinanzhof hat die strenge 6-Monats-Frist der Finanzverwaltung bei der Erbauseinandersetzung gekippt. Erben können jetzt auch nach längerer Zeit steuerliche Begünstigungen in Anspruch nehmen – vorausgesetzt, die Verbindung zum Erbfall bleibt bestehen. Das Urteil schafft mehr Flexibilität für Erbgemeinschaften, besonders bei komplexem Vermögen.

Das Erbschaftsteuerrecht sieht verschiedene Begünstigungen für Erben vor, wie beispielsweise Steuererleichterungen für Betriebsvermögen oder das selbst genutzte Familienheim. Um diese Vergünstigungen zu nutzen, fordert die Finanzverwaltung in ihren Richtlinien, dass die Erbauseinandersetzung innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall stattfinden muss.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil vom 15. Mai 2024 diese 6-Monats-Frist jedoch außer Kraft gesetzt. Ein Fall aus der Praxis zeigte, dass auch eine Erbauseinandersetzung drei Jahre nach dem Erbfall noch begünstigt werden kann, solange ein innerer Zusammenhang mit dem Erbfall besteht.

Die Entscheidung bezieht sich auf einen Erben, der gemeinsam mit seinem Bruder mehrere Grundstücke und Beteiligungen geerbt hatte. Drei Jahre nach dem Tod der Eltern teilt die Brüder das Erbe auf. Während das Finanzamt die steuerlichen Begünstigungen aufgrund der überschrittenen 6-Monats-Frist verweigerte, urteilte der BFH zugunsten der Erben.

Wichtige Punkte des Urteils:

  • Der 6-Monats-Frist der Finanzverwaltung ist nicht gesetzlich verankert.
  • Eine Erbauseinandersetzung kann auch nach mehreren Jahren begünstigt sein, wenn sie im Zusammenhang mit dem Erbfall steht.
  • Steuerliche Begünstigungen können unter bestimmten Umständen auf die Miterben übertragen werden, wenn das begünstigte Vermögen in der Auseinandersetzung geteilt wird.

Das Urteil verschafft Erben mehr Flexibilität bei der Nachlassverteilung, insbesondere bei komplexen Vermögensverhältnissen. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber in Zukunft eine klare Fristregelung im Erbschaftsteuergesetz einhalten wird.

Fundstelle: BFH, Urteil vom 15. Mai 2024, Aktenzeichen: II R 12/21